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Die Zeit der Reife - Wann ist Wein trinkreif?

Es wäre schön, wenn es ein Messgerät gebe, mit dem man von außen messen könnte, wann der Wein die optimale Reife hat – eine Reifeprüfung also.

Sicherlich gibt es ein paar Anhaltspunkte, aber der entscheidende Zeitpunkt der Trinkreife liegt bei jedem Weinfreund und jeder Weinfreundin anders. Ihr fragt Euch sicherlich, woran das liegt.


Wenn ein Wein in Flaschen abgefüllt wird, ist er noch lange nicht „fertig“. Wein reift in der Flasche nach. Allerdings unterscheiden sich hier die verschiedenen Weinstile. Manche Weine sind für den direkten Weingenuss gemacht – andere gewinnen durch Lagerung.

Für Weintrinker*innen ist es nun sehr schwer herauszufinden, wann der optimale Trinkgenuss ist.


Mit dem folgenden Artikel will ich Euch ein paar Anhaltspunkte geben, um so nah wie möglich an den individuell optimalen Trinkgenuss heranzukommen.



Trinkreife von Wein, Zitat von J.Collins, Wein und ALter

(Joan Collins)


Den bekannten Spruch kann man auf unterschiedliche Arten interpretieren, denn manche Weine sollte mal jung trinken, andere lieber noch etwas liegen lassen.

Allerdings ist es ein Mythos Weine generell möglichst lange reifen zu lassen.


Generell kann man sich an folgendes Schema halten:

Basisweine, also gute Alltagsweine werden so vinifiziert, dass sie gut trinkbar sind, sobald sie abgefüllt werden. Sie sind für den unkomplizierten frischen Trinkgenuss gedacht.

Weißweine sollten 1-2 Jahre nach der Lese getrunken werden.

Rotweinen kann man noch ein Jahr länger geben. Hier sollte auch unterschieden werden, welche Rebsorte in der Flasche ist. Weine mit höherem Tanningehalt wie Cabernet-Sauvignon, Shiraz oder Nebiolo können auch nach einem Jahr noch kantig und hart wirken. Pinot Noir/Spätburgunder, Gamay (Beaujolais), Merlot oder Primitivo haben nicht so viele Tannine und sind daher schon früher gut trinkbar.


Immerhin 80% aller Weine sind dafür gemacht, ohne lange Lagerung getrunken zu werden.

Auf den Flaschen steht mit Absicht kein Mindesthaltbarkeitsdatum, denn diese Weine sind auch nach den oben erwähnten Zeiten noch trinkbar, aber sie haben in der Regel dann ihren Höhepunkt erreicht. Die Frische, Frucht und Lebendigkeit nimmt ab und der Wein wird aromenärmer.


Reifeverlauf von Weinen, Winefun,

Weißweine im mittleren Preissegment, sind in der Regel noch ein Jahr länger trinkbar. Bei Rotweinen, sollte man sie im ersten Jahr nach der Lese liegen lassen und erst danach genießen. Auch hier ist der optimale Trinkzeitpunkt etwas 4 Jahre nach der Lese.


Ganz anders verhält es sich bei den Weinen der gehobenen Kategorie. Also Cru-Weine aus Frankreich oder Große Gewächse, wie diese Weine bei den deutschen VDP-Winzern heißen.

Die Weißweine sollten erstmal drei Jahre reifen, bevor man sie trinkt, sie sind aber noch weitere 10-15 Jahre trinkbar. Bei Rotweinen gilt in der Regel, dass man diese mindestens 5 Jahre liegen lässt und danach noch viele Jahre genießen kann.


Bei diesen Weinen passiert es oft, dass sie frisch gefüllt gut schmecken, aber danach eine Zeit haben, in der sie total verschlossen sind. Oftmals schmecken sie überhaupt nicht, verströmen kein Aroma und manchmal wirken sie sogar fehlerhaft.

Die Frage ist, was passiert mit dem Weinen, wenn Sie reifen?

Wenn der Wein sein Frischephase durchlaufen hat, kommt er in die „Pubertät“. Es findet ein Umbau statt, wobei die einzelnen Inhaltsstoffe, also Frucht, Säure und Tannine, miteinander reagieren. Hierbei werden Aromenverbindungen aufgelöst und neue Verbindungen geknüpft. In der Phase macht der Wein keine Freude und man sollte ihn am besten im Keller in Ruhe liegen lassen.

Werden diese Weine aber richtig gelagert und ihnen die nötige Zeit gegeben, kann sich daraus Großartiges entwickeln.


Ich werden nie vergessen, wie ich mal eine Kiste Wein aus Uruguay gekauft habe. Die erste Flasche war o.k., danach wurde es immer schlimmer und ich wusste nicht mehr, was ich mit dem Wein machen sollte, denn der Wein schmeckte überhaupt nicht. Eine Flasche hat in einer Ecke des Weinkellers vergessen überlebt. Acht Jahre später gefunden, geöffnet und es war eine Offenbarung – ich war sehr enttäuscht, keine weiteren Flaschen mehr gehabt zu haben.


Während des Alterungsprozesses verliert der Wein langsam seine Primäraromen, welche von der Traubenfrucht herrühren. Hier handelt es sich oft um Fruchtaromen wie zum Beispiel Zitrus-, Apfel- oder Pfirsicharomen bei Weißweinen und Beeren oder Kirschen bei Rotweinen.

Je länger ein Wein reift, umso mehr entwickeln sich Tertiäraromen, also Aromen die durch den Ausbau im Fass und/oder in der Flasche entstehen, wie z.B. die Holzaromatik. Diese ist am Anfang im Wein noch sehr ausgeprägt. Mit der Zeit verbinden sich die einzelnen Aromen im der Flasche zu einem harmonischen Wein, mit großer Komplexität. Oft finden sich auch Geschmacksaromen von Gewürzen (Vanille, Nelke), aber auch Aromen von Honig oder Trockenfrüchten, Schokolade und Kaffee – um nur einige zu nennen. Das Tannin wird mürbe, die Textur sanft, weich und vollmundig. Insgesamt gewinnt der Wein an Komplexität und hat einen langen Abgang.


Alte Weißweine, Elsass, Blanck, Reife Weine


Dieser Reifeprozess kann mehrere Jahre dauern und erfordert schon ein wenig Geduld.

Als Weinneuling muss man sich auch an solche Aromen gewöhnen und sich darauf einlassen. Bei Riesling z.B. entsteht die sogenannte Petrolnote. Für manche ein Genuss und einen Grund, den Wein lange altern zu lassen, für andere völlig indiskutabel, weshalb diese Leute immer dem frischen, jungen Riesling den Vorzug geben werden.


Auch die Farbstoffe (= Anthocyane) verändern sich: Bei Rotwein ist eine deutliche Verwandlung von jugendlichem Purpurrot zu reifem Ziegelrot erkennbar. Die Farbstoffe setzen sich als Kruste am Flaschenboden ab, welche vor dem Genießen durch Dekantieren entfernt werden können.

Weißweine hingegen erhalten mit der Zeit einen goldenen Schimmer, manche Sorten werden tiefgelb oder sogar orange.


Reifeverlauf von Rotweine, Reifeverlauf von Weißweinen, Winefun

Ist der Wein dann überreif, wirkt er wässrig, ausgezehrt und oft sehr oxidiert. Meist ist dann auch die Farbe bernsteingelb oder bei Rotweinen bräunlich. Säure und Bitterstoffe bleiben übrig.


Wie schnell ein Wein altert, hängt nicht nur von seinem Potential durch die Herstellung ab, sondern auch durch die Lagerung. Je dunkler, kühler und ruhiger ein Wein gelagert wird, umso länger dauert der Reifeprozess aber wie immer bei so etwas:

Gut Ding will Weile haben. Einen Wein der Wärme auszusetzen oder im Kofferraum im Auto durch die Gegend zu fahren, lässt einen Wein nur unharmonisch altern. Die echte Reifequalität wird er dadurch nicht erlangen.


Am längsten lagerfähig sind übrigens süße Weißweine wie z.B. Trockenbeerenauslese, Eiswein oder Sauternes. Manche dieser Weine sind über 50 Jahre lagerfähig und daher immer mein erster Vorschlag, wenn es darum geht, zur Taufe des Kindes einen Wein zu kaufen, der dann mit 18 Jahren schmeckt.



Mögt Ihr gerne gereifte Weine oder bevorzugt Ihr die jungen, frischen Weine?

Schreibt doch mal Eure Erfahrungen.

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